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Anspruch auf Datenauskunft nach Art. 15 DSGVO

Der Bundesgerichtshof urteilte am 15.06.2021, dass der Begriff „personenbezogene Daten“ im Sinne des Art. 15 DSGVO weit zu verstehen sei. Er umfasse potenziell alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur, soweit sie mit einer Person verknüpft seien. Daher seien auch Inhalte von Briefen, Gesprächsnotizen oder Vermerke als personenbezogene Daten zu verstehen.

Was umfasst die Datenauskunft nach Art. 15 DSGVO?
Beklagte war eine Versicherung. Der Kläger hatte mit deren Rechtsvorgängerin einen Vertrag über eine kapitalbildende Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgeschlossen. Später widersprach der Kläger dem Zustandekommen des Vertrages. Eine Rechtsvorgängerin der Beklagten wies den Widerspruch zurück. Sie übersandte dem Kläger auf dessen Aufforderung hin eine „Datenübersicht nach § 34 BDSG“. Im Laufe des Rechtsstreits erteilte die Beklagte weitere Auskünfte zu den bei ihr verarbeiteten personenbezogenen Daten. Der Kläger war der Ansicht, die erteilten Auskünfte seien unvollständig. Er machte gegen die Versicherung daher Ansprüche auf Datenauskunft geltend. Die Vorinstanzen wiesen den Anspruch zurück. Sie gingen im Kern davon aus, der Anspruch sei bereits erfüllt.

Schuldnerwille ist maßgeblich
Der BGH befand, der Auskunftsanspruch sei noch nicht erfüllt. Erfüllt sei ein solcher Anspruch erst dann, wenn die Angaben nach dem Willen des Schuldners den geschuldeten Gesamtumfang darstellen. Wesentlich dafür sei die – gegebenenfalls konkludente – Erklärung des Auskunftsschuldners, dass die Auskunft vollständig sei.

Lückenhafte Auskunft
Die Feststellung des Berufungsgerichts zur Auskunftserteilung sei lückenhaft, befand das Gericht. Zwar habe die Beklagte dem Kläger bereits gewisse Auskünfte erteilt und angegeben, weitere personenbezogene Daten über den Kläger seien nicht gespeichert bzw. verarbeitet. Allerdings habe der Kläger im Verlaufe des Verfahrens sein Auskunftsbegehren präzisiert. Dies ergebe sich aus Anträgen und dem Sitzungsprotokoll. Der Kläger habe Auskünfte hinsichtlich der gesamten noch nicht mitgeteilten Korrespondenz der Parteien, einschließlich der Daten des vollständigen Prämienkontos und etwaig erteilter Zweitschriften und Nachträge zum Versicherungsschein gefordert. Zudem habe er Datenauskünfte bezüglich sämtlicher Telefon-, Gesprächs- und Bewertungsvermerke der Beklagten zum Versicherungsverhältnis verlangt. Auch diese Auskünfte unterfallen ihrer Art nach dem Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO.

Personenbezogene Daten umfassen alle Informationen objektiver als auch subjektiver Art.
Der BGH urteilte, der Begriff der „personenbezogene Daten“ sei weit zu verstehen. Er erfasse alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Er sei nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt. Vielmehr umfasse der Begriff alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur. Voraussetzung sei, dass es sich um Informationen über die in Rede stehende Person handelt. Diese Voraussetzung sei erfüllt, wenn die Information aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkung mit einer bestimmten Person verknüpft sei. Somit enthielten auch Stellungnahmen oder Beurteilungen personenbezogene Daten.

Briefe enthalten personenbezogene Daten
Damit könne auch das „Prämienkonto“ des Klägers und Daten des Versicherungsscheins sowie interne Vermerke der Beklagten nicht kategorisch vom Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 1 DSGVO ausgeschlossen werden, so das Gericht weiter. Auch Schreiben des Klägers an die Beklagte seien grundsätzlich ihren gesamten Inhalt nach als personenbezogene Daten anzusehen. Sie bestünden bereits darin, dass sich der Kläger in den Schreiben äußere. Gleiches gelte für die Schreiben der Beklagten an den Kläger, soweit sie Informationen über den Kläger enthalten.

Kenntnis vom Inhalt schließt Auskunftsanspruch nicht aus
Der BGH befand, der Auskunftsanspruch sei gegeben, obwohl dem Kläger die Schreiben bereits bekannt waren. Die Beklagte solle Auskunft darüber geben, ob sie die im Schriftverkehr enthaltenen personenbezogenen Daten aktuell verarbeitet und speichert. Diese Auskunft solle den Kläger in die Lage versetzen, sich der Datenverarbeitung bewusst zu werden und deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Er könne sich somit insbesondere vergewissern, ob die ihn betreffenden Daten richtig seien und in zulässigerweise verarbeitet werden. Denn selbst die Korrespondenz der Beklagten mit Dritten könne personenbezogene Daten des Klägers enthalten.

Auskunft auch über interne Vermerke
Der BGH entschied, dass auch interne Vermerke oder interne Kommunikation aller Art Gegenstand des Auskunftsanspruchs sein können. Voraussetzung sei lediglich, dass sie Informationen über den Kläger enthalten. Dies sei beispielsweise bei Gesprächsvermerken über telefonische oder persönliche Gespräche mit dem Kläger der Fall. Auch Vermerke über den Gesundheitszustand des Klägers enthalten personenbezogene Daten. Ob sie „interne Vorgänge der Beklagten“ seien, sei ohne Relevanz. Denn der Auskunftsanspruch setze weder nach seinem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck voraus, dass die fraglichen Daten extern zugänglich sein müssen.

Rechtliche Analysen sind keine personenbezogenen Daten
Hinsichtlich interner Bewertungen zu Versicherungsansprüchen sei aber eine Einschränkung bei rechtlichen Analysen zu beachten, so das Gericht. Diese können zwar auch personenbezogene Daten enthalten und somit dem Auskunftsanspruch unterfallen. Allerdings sei die auf Grundlage dieser Daten vorgenommene rechtliche Beurteilung selbst keine Information über den Beklagten. Damit sei die rechtliche Beurteilung nicht als personenbezogenes Datum zu werten. Gleiches gelte für Informationen über Provisionszahlungen der Beklagten an Dritte.

Kein Vorabentscheidungsverfahrens
Die Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV zur Klärung des Begriffs der personenbezogenen Daten befand das Gericht als nicht geboten. Soweit im Verfahren entscheidungserheblich, sei die Auslegung des Begriffs durch die Rechtsprechung des EuGH eindeutig geklärt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.06.2021, Az. VI ZR 576/19