|

DSGVO-Verstöße nicht abmahnfähig

Das Landgericht Stuttgart entschied am 20.05.2019, dass ein Verstoß gegen Informationspflichten gemäß DSGVO nicht abmahnfähig sei. Die Sanktionsmöglichkeiten der DSGVO seien abschließend.

Haben Interessenverbände einen Unterlassungsanspruch?

Klägerin war ein Interessenverband von Online-Händlern; der Beklagte vertrieb Kfz-Zubehör über ebay. Die Klägerin machte einen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung von Informationsplichten geltend. Der Beklagte habe nicht über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten informiert. Daher verstoße er gegen § 13 Telemediengesetz (TMG) und Art. 13 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Der Beklagte berief sich darauf, seit 16.07.2018 die erforderlichen Informationen bereitgestellt zu haben.

DSGVO verdrängt TMG

Das Landgericht Stuttgart verneinte den Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen § 13 TMG. Aufgrund der seit Mai 2018 geltenden DSGVO habe § 13 TMG keinen Anwendungsbereich mehr. Die DSGVO habe als europäische Verordnung unmittelbare Geltung in allen Mitgliedsstaaten. Daraus folge, dass sie nationale Regelungen vollständig verdränge. § 13 TMG sei daher nicht mehr anwendbar. Denn auch Art. 13 DSGVO enthalte Regelungen zu Informationspflichten bei der Erhebung personenbezogener Daten.

DSGVO ist abschließend

Das Landgericht war der Ansicht, die DSGVO enthalte eine abschließende Regelung. Zwar sei dies bislang streitig und höchstrichterlich noch nicht geklärt. Allerdings spreche für diese Ansicht, dass die DSGVO eine detaillierte Regelung der Sanktionen enthalte. Deren Durchsetzung sei gemäß Art. 57 DSGVO Aufgabe der Aufsichtsbehörden. Weiterhin enthalte Art. 77 ff. DSGVO Regelungen über Rechtsbehelfe. Danach habe jeder Betroffene das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf. Vertreten werde der Betroffene nach Art. 80 Abs. 1 DSGVO von bestimmte Einrichtungen, die mit der Durchsetzung beauftragen seien. Nach Art. 80 Abs. 2 DSGVO könnten die Mitgliedstaaten aber darüber hinaus vorsehen, dass bestimmte Einrichtungen die Rechte auch ohne einen entsprechenden Auftrag nach Absatz 1 durchsetzen. Hierdurch komme zum Ausdruck, dass der europäische Gesetzgeber eine eigenmächtige Verfolgung von Verstößen durch Dritte nur zulassen wolle, wenn dies ausdrücklich geregelt sei.

Keine Abmahnung nach Wettbewerbsrecht

Eine weitergehende Klagebefugnis für Dritte sei aber gerade nicht gewollt, befand das Gericht. Hätte der europäische Gesetzgeber eine solche regeln wollen, dann hätte es der Regelung in Art. 80 Abs. 2 DSGVO gar nicht bedurft. Wenn aber in der DSGVO eine abschließende Regelung erfolgt sei, könne eine Unterlassung aufgrund Wettbewerbsrecht (UWG) nicht mit einer anderen Zielrichtung begründen werden. Andernfalls werde die Regelung in der DSGVO konterkariert. Das sei aber mit dem Vorrang europäischen Rechts nicht in Einklang zu bringen. Das gelte umso mehr, als die DSGVO gar keine wettbewerbsschützende Zielrichtung habe. Sie diene zwar dem Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Der Schutz erfolge aber nicht aufgrund der Verbrauchereigenschaft, sondern sei davon unabhängig.

Keine Vertretung der Betroffenen nach deutschem Recht

Das Landgericht befand, der deutsche Gesetzgeber habe von der Ermächtigung in Art. 80 Abs. 2 DSGVO keinen Gebrauch gemacht. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass es seinem Willen entspreche, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG als Umsetzung der DSGVO anzusehen. Außerdem sei die Ermächtigung in Art. 80 Abs. 2 DSGVO auch enger als § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Nach der europäischen Bestimmung müsse die befugte Einrichtung Rechte und Freiheiten der Betroffenen bezogen auf ihre personenbezogenen Daten schützen. Diese Voraussetzung kenne § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aber nicht.

DSGVO verdrängt auch UKlaG

Abschließend stehe dem Kläger auch kein Unterlassungsanspruch nach dem UKIaG zu. Insoweit gelte das zum UWG Gesagte entsprechend. Zwar nenne § 2 Abs. 1 UKIaG ausdrücklich Vorschriften, die die Zulässigkeit der Erhebung personenbezogener Daten regeln. Die Bestimmung sei aber lange vor der DSGVO in das Gesetz aufgenommen worden. Auch hier könne nicht angenommen werden, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, die Bestimmung des § 3 Abs. 1 UKIaG als Umsetzung der DSGVO anzusehen. Denn die weiteren Voraussetzungen von Art. 80 Abs. 2 DSGVO seien nicht berücksichtigt worden.

Landgericht Stuttgart, Urteil vom 20.05.2019, Az. 35 O 68/18 KfH